Tanze Zumba die ganze Nacht...

12 Millionen Menschen in mehr als 125 Ländern sind schon Fans

Ein Mix aus Party-Spaß und Sport: Das Tanz-Workout kommt aus Amerika und lässt jetzt auch die Deutschen schwitzen Von Nina Greßmann


Zumba Fitness Kurse in Solothurn
Auf den ersten Blick sieht es nach einer Party aus. Lateinamerikanische Musik dröhnt aus den Boxen. Die Frauen auf dem Parkett reißen ihre Arme in die Luft und schwingen ihre Hüften zum Salsa-Rhythmus. Sie tragen jedoch keine Highheels, sondern Turnschuhe. Keine Kleider und
Röhrenjeans, sondern Sporttops und Leggins. Ist das hier nun Sport oder Tanzen? Ganz einfach: Es ist beides.

"Zumba!", ruft der Sänger aus dem Lautsprecher. 34 Frauen, zwischen 20 und 60 Jahre alt, gehen hier in der Berliner Tanzschule "Schrittvermittlung" dem Fitnesstrend der letzten Jahre nach.

Das Prinzip klingt zuerst etwas unrealistisch: tolle Rhythmen, viel Spaß und dazu noch Gewicht
verlieren. Und tatsächlich, Zumba soll ein effektives Tanz-Workout mit Spaß-Faktor sein, das zugleich die Fettverbrennung stark ankurbelt. Das Wort "Zumba" kommt übrigens aus dem spanischen und heißt "sich schnell bewegen".

"Seid ihr wach?", fragt Trai-nerin Emma Miller in die Runde. Viele Frauen lachen. Die bereits nach zehn Minuten geröteten Gesichter dürften Antwort genug sein. Miller, der sogenannte Zumba-Instructor, gibt in der ersten Reihe die Schritte vor. Für einige Teilnehmerinnen ist das allerdings nicht mehr nötig, sie beherrschen die Schrittfolgen schon perfekt. Heute sind wieder drei Neulinge dabei. Wer nicht mitkommt, hat trotzdem keine Probleme. Im Gegensatz zur Aerobic steht bei dieser Sportart keine straffe Choreografie im Vordergrund. Zumba ist innovativer: Als eine der Damen zwischendurch aus dem Takt kommt, bewegt sie sich einfach im Rhythmus weiter.

Zumba gibt es bereits seit den 90er Jahren, Stars wie Shakira, Britney Spears oder auch die US-amerikanische First Lady Michelle Obama lieben es. Jetzt ist der tanzende Fitnesstrend auch in Deutschland so richtig angekommen. Immer mehr Tanzschulen und Fitnessstudios nehmen Zumba in ihr Programm auf, weltweit nehmen aktuell mehr als 12 Millionen Menschen aller Fitnessstufen, Größen und Altersgruppen wöchentlich an Kursen in mehr als 125 Ländern teil. Tendenz steigend. "Schrittvermittlung" bietet Zumba seit April 2011 mit Emma Miller an. "Neben Paartanz ist es bei uns der Renner", sagt Tanzschulinhaber Christopher Knack. "HipHop und Kindertanz stinken dagegen mittlerweile ab."

Betrachtet man die Gesichter der Teilnehmerinnen, dann fällt auf, dass die Frauen hoch konzentriert sind, aber viele ein Lächeln im Gesicht haben. Das ist zu einem großen Teil auch der Verdienst von Instructor Miller: Die 22-Jährige wirbelt vor ihrer Gruppe und singt den Songtext lauthals mit. Auf der Rückseite ihres türkisfarbenen Tops steht der Schriftzug "Join the Party".

"Zumba ist einfach Spaß an der Bewegung. Man vergisst allen Ärger und jeden Stress. Nach einer Stunde hat man oft sogar noch mehr Lust zu tanzen", erklärt Miller die Anziehungskraft des Fitnesssports. Die Zumba-Community spricht sogar von einem gemeinsamen Spirit: "Wenn man in einen Raum kommt, in dem Zumba getanzt wird, dann wird man einfach reingezogen. Man lacht, bewegt sich, hat Spaß und wird von Zumba infiziert."


Genauso ging es Miller, als die Physiotherapeutin auf der Fitness- und Bodybuildermesse 2010 zum ersten Mal eine Gruppe Zumba tanzen sah. "Ich habe mir sofort ein T-Shirt gekauft und mich informiert, wo ich das lernen kann." In einer Fortbildung über zwei Tage ließ sie sich dann zum Instructor ausbilden und trat anschließend dem internationalen Zumba-Netzwerk bei. Über ein Forum können sich dort alle Trainer austauschen, bekommen die neusten DVDs und Anregungen für neue Musik und Trainingsvariationen. Auf sogenannten Jam-Seasons und Conventions trifft man sich zudem mehrmals im Jahr, um neue Choreografien zu lernen, an Workshops teilzunehmen - und Zumba-Partys zu feiern.

So macht es Miller nun auch hier in Berlin. Nach 25 Minuten ist auch ihr Top am Rücken durchgeschwitzt. Es folgen Samba- und Merengue- auf Salsalieder, die Tanzschritte werden unterbrochen durch Kniebeugen oder einen kleinen Sprint auf der Stelle. Das Trainingsprinzip lautet hier Intervall. Dass dieses Workout anstrengt, ist spürbar: Die Hitze im Raum steigt, der Spiegel ist nach einer halben Stunde an den Seiten beschlagen.

Im Gegensatz zu beispielsweise Salsa ist Zumba ein geschützter Begriff. Zumba beibringen darf nur, wer durch einen Workshop die erforderliche Lizenz erworben hat. Die Musik ist zum Teil vorgegeben: 70 Prozent von dem, was gespielt wird, müssen Zumba-Lieder sein, den Rest können die Trainer frei wählen.

Am Schluss des Kurses steht eine neue Choreografie auf dem Plan. Jetzt bilden alle Teilnehmerinnen einen Kreis und fassen sich an den Händen. "Das Gemeinschaftsgefühl macht auch einen Großteil des Zumba-Flairs aus. Man findet hier schnell Kontakte, weil alle locker sind und Spaß haben", erklärt Emma Miller anschließend. Eine der neuen Teilnehmerin ist nach Ende des Kurses Zumba-infiziert. "Ich werde definitiv wiederkommen. Ich habe gut geschwitzt und es hat Spaß gemacht." Eine andere Teilnehmerin ist längst Profi. Beate Handerek hat Zumba schon vor anderthalb Jahren in Bayern kennengelernt und ist jetzt auch in Berlin jede Woche dabei. "Meine Enkeltochter ist in der Zeit nebenan beim Kindertanz. So kann ich das perfekt verbinden."

Sie ist nicht die einzige, die jetzt wöchentlich beim Zumba die Hüften schwingt: Einige der Aqua Zumba-Abendkurse in dieser Tanzschule sind schon bis Weihnachten ausgebucht.

An dem Kurs haben heute nur Frauen teilgenommen. "Männer sind in Deutschland Mangelware. Aber wenn hier mal ein Mann reinkommt und nur Frauen sieht, erschrickt er sich wahrscheinlich so sehr, dass er gleich wieder raus geht", sagt die Trainerin lachend. Ein Herr ist aber mittlerweile regelmäßiger Teilnehmer bei ihren Kursen.

Emma Miller ist sich sicher, dass Zumba nicht nur ein Trend ist: "Zumba ist im Sportbereich etwas komplett Neues. Normalerweise ist Sport immer nur anstrengend. Zumba macht aber auch Spaß. Und wenn man vor der Entscheidung steht: Laufband oder eine Stunde Spaß und Party - wer entscheidet sich da nicht für die Party?!"

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